Die "Melchior Krippe" ist ein Figurensatz, den DKH - wie auch die "Würzburger Krippe" nach Schiestl, die "Nürnberger Krippe" nach Dürer, die "Emanuel Krippe" nach Inhetvin und die "Gloria Krippe" - von seinem bevorzugten Modelleur Willy Winning entwerfen ließ. Die Stücke zeigen, die für Winning typischen expressiven Posen und Gesten, an welchen man die Stimmung der dargestellten Personen offensichtlich unfehlbar ablesen können soll. Zudem fallen die Figuren durch die Winning- Modellen zueigene Dynamik auf, scheinen gleichsam aus voller Bewegung heraus in ihrer Pose erstarrt zu sein. Jedes Detail ist naturalistisch wie haarklein ausgearbeitet und verleiht jedem der Stücke seine eigene Persönlichkeit- exakt den Charakter, welchen Winnig jeder seiner Figuren zuerkannte. Abgesehen von Treiber und Gloriaengel sind die Blicke und Gesten sämtlicher Figuren allein auf das Kind ausgerichtet, wodurch beim Aufstellen der Krippe eine athmosphärische Dichte um das Lager des Kindes, dem Zentrum jeder Weihnachtskrippe, herum entsteht.

 

Das Kind hängt zusammengesunken und etwas deplatziert in seiner zu kleinen Krippe. Der kniende Josef hat die Hände vor der Brust gefaltet und trägt Korkenzieherlocken (ein eindeutiger Hinweis auf das Judentum). Maria neigt mit tadellos durchgedrücktem Rücken und gefalteten Händen ihr nonnenartig beschleiertes Haupt zum Kind. Der kniende Hirt ist sichtlich ergriffen, ja verzückt, von dem, was ihm zuteil werden darf. Da ein weiterer Hirt sich demütig zu Boden geworfen hat, um dem Kind einen Apfel (die Sünden der Welt, die es später büßen wird) aus seinem Korb zu reichen, ergeben die Hirten dieses Satzes einen Dreiklang aus stehendem, kniendem und liegendem Mann. Die 3 Weisen sind besonders prunkvoll gewandet und mit ungewöhnlich riesigen gezackten Kronen und Geschenken ausstaffiert. Der Kameltreiber führt ein mächtiges Dromedar mit roter Satteldecke, die in endlosen Bahnen vom gigantisch anmutenden Höcker des Lasttieres zu Boden herabfällt. Der ebenfalls außergewähnlich gestaltete Gloriaengel (hier nicht vorhanden) sowie Ochs´ und Esel (hier nicht vorhanden) wurden neben den bereits angesprochenen Figuren von Winning eigens für die "Melchior Krippe" entworfen. Die Schafe hingegen sind, wie bei den meisten anderen Sätzen des Deutschen Kunsthauses auch, aus einer der hauseigenen Modellreihen hinzu sortiert worden.

 

In dem hier gezeigten Satz sind die Familie, Hirten, Weisen, der stehende Ochse, laufendes Schaf, liegendes Schaf, Schaf mit Lamm sowie Kamel & Treiber original alte Figuren aus der Mitte der 1930er Jahre. Der liegende Esel und der liegende Ochse sind ebenfalls alte Stücke von DKH aus der Zeit gehören jedoch eigentlich zur "Würzburger Krippe". Da ich zunächst nur 3 original alte Schafe auftreiben konnte, habe ich 6 weitere Schafe nach den alten DKH Modellen in den Niederlanden nachgießen lassen. Inzwischen ist Schafherde aber auf alle 7 Modelle als original alte Figuren angewachsen und die Nachgüsse dienen nur noch zur Bereicherung des Hirtenfeldes. Der Gloriaengel ist ebenfalls ein Nachguss aus den Niederlanden, nämlich des DKH Engels aus der "Nürnberger Krippe". Diesen Nachguss des Engels habe ich selbst polychromiert, um ihn auf die ungewöhnliche farbliche Gestaltung des hl. Paares in Gold - und Silbertönen abstimmen zu können. Durch die Ergänzungen konnte auf der Basis der alten Kernfiguren ein Satz der "Melchior Krippe" vollständig und unter weitmöglichster Authenzität rekonstruiert werden. Inzwischen ist noch der laufende Hund aus dem Zusatzsortiment des Deutschen Kunsthauses hinzu gekommen.

 

Eigens für diesen ungewöhnlich schönen Krippensatz habe ich einen Stall gebaut. Bilder von diesem werde ich ausnahmsweise auch dieser Stelle und nicht nur im "Atelier" einstellen, da Gebäude und Figuren eine untrennbare Einheit bilden.

 

 

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